Auf der Sitzung des Senats der Universität Potsdam am 28. September wurde nicht nur der neue Unipräsident Prof. Oliver Günther gewählt, sondern auch die höchst umstrittene Regelung zur „Neufassung der Ordnung für die Einstellung und Aufhebung von Studiengängen an der Universität Potsdam“ beschlossen. Damit will sich die Hochschulleitung die Rechtsgrundlage zur Zwangsexmatrikulation von Diplom- und Magisterstudierenden schaffen. Von Denis Newiak.
Rückblick: Anfang Februar erhielten etwa 3.000 Studierende, die noch in einem Diplom- oder Magisterstudiengang eingeschrieben sind, von der Hochschulverwaltung ein Schreiben über die „Einstellung Ihres Studienganges“. Im Rahmen des „Bologna-Prozesses“ zur Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums sollen die spezifisch deutschen Abschlüsse „Diplom“ und „Magister“ schrittweise durch die neuen Grade „Bachelor“ und „Master“ ersetzt werden – das ist bereits lange bekannt. Doch der Brief, der bei den Betroffenen für einen großen Aufschrei gesorgt hatte, enthielt nun für die einzelnen Studiengänge verbindliche Fristen, wann die Studierenden spätestens ihre Abschlussprüfung ablegen müssen; sollten die Studierenden bis dahin ihr Studi- um nicht abgeschlossen haben, würden sie zwangsexmatrikuliert – nach jahrelangem Studium stünden sie dann vor dem Nichts. Außerdem werden mit der Ordnung alle Studierenden der abzuschaffenden Studiengänge zu einem Beratungsgespräch verpflichtet – ebenfalls unter Androhung der Erlöschung des Prüfungsanspruchs.
Über solche weit reichenden Änderungen der Studienordnungen muss der Senat, das höchste Beschluss fassende Gremium der Universität Potsdam, etnscheiden Außerdem müssen alle Beschlüsse im Detail veröffentlicht werden. Beides sei nicht passiert, kritisiert der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA): „Studierende auf Ordnungen zu verpflichten, die nicht im Ansatz beschlossen geschweige denn veröffentlicht waren und sind“, grenze an Rechtsbruch, heißt es in einer Pressemitteilung. Der AStA hatte bereits seit Februar auf Gespräche mit der Hochschulleitung gedrängt und erhebliche Bedenken geäußert: „Hier sollen Studierende abgespeist und die Basis für eine solide Lebensplanung entzogen werden“, so Roland Gehrmann, AStA-Referent für Externe Hochschulpolitik.
Ein Rechtsgutachten, welches im Auftrag des AStAs erstellt wurde (siehe tiny- url.com/gutachten-exma), erhebt beträchtliche Zweifel daran, dass die Beschlüsse des Senats und die bisherige Vorgehensweise mit geltendem Recht vereinbar sind: Insbesondere der Zwang zum Beratungsgespräch sei rechtswidrig, es „stellt regelmäßig weder einen Prüfungsbestandteil noch eine Prüfungsvoraussetzung dar“ und könne daher nicht von den Studierenden verlangt werden, heißt es im Gutachten des hochschulpolitischen Experten Matthias Trenczek.
Dem widersprach auf Nachfrage von SpeakUP die Unileitung: „Die Senatsbeschlüsse zur Einstellung der auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengänge sind schon vor vielen Jahren getroffen worden. Seitdem weist die Hochschulverwaltung regelmäßig bei der Versendung der Rückmeldeunterlagen auf die Problematik hin. Es handelt sich also um eine alte Beschlusslage, die nur jetzt ins Bewusstsein gerückt ist“, sagte Interimspräsident Thomas Grünewald.
Die Verfasste Studierendenschaft sieht das anders und hat sich auf einer Vollversammlung schon Ende des Sommersemesters mit großer Mehrheit gegen die Bestimmungen ausgesprochen. Nun verstärkt die Studierendenvertretung erneut den Druck auf die Hochschulleitung, indem sie einen Forderungskatalog vorlegt, der unter anderem verlangt, dass die Studierenden ihr Magister- oder Diplomfach in Ruhe zu Ende studierenden oder all ihre bisher erbrachten Leistungen in einem neuen Bachelorstudiengang anrechnen lassen können. Außerdem hat der AStA sich die Möglichkeit einer Klage gegen die Hochschulleitung offen gehalten. Diese gibt sich jedoch betont gelassen: „Dass die Beschlüsse einer Rechtsprüfung unterzogen werden, ist kein Problem. Wir wollten die Situation für die Studierenden der auslaufenden Studiengänge regeln und haben dafür eine gute Lösung gefunden. Sollte es tatsächlich rechtlichen Änderungsbedarf geben, werden wir uns dem stellen. Wir sind aber zuversichtlich, dass die Regelung rechtmäßig ist.“, so der Universitätspräsident.
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