Today in “The Pub”: Potsdamer Studenten gründen Online-Barfinder

Wir treffen uns im „The Pub“, einer urigen Bar direkt am Alexanderplatz, in der man sein Bier selbst zapfen kann. Unter den Hashtags „urig“, „zapfen“ und „modern“ findet man diese Kneipe auf der neuen Website „Todayin.de“, welche Internetdatenbanken über einen cleveren Algorithmus prüft, um die perfekte Bar für jede_n Nutzer_in zu finden. Dahinter stehen zwei Potsdamer Master-Studenten: Philipp Koch und Oliver Franke. Von Katharina Golze und Luisa Koch.

„Es ist eine Plattform für Berliner und Gäste, um eine Bar zu finden, die perfekt für sie ist“, erklärt uns Philipp Koch, der sich das Barhopping zum Beruf gemacht hat.  Er und Oliver fanden es schon immer interessant, sich neue Locations anzusehen und ihre Vorteile auszutesten – die meisten ihrer Empfehlungen stammen von Ihnen selbst – Tipps von Freund_innen und Geschäftspartner_innen prüfen sie persönlich, bevor sie auf die Webseite dürfen. Philipp Koch und Oliver Franke studieren beide ihren Master in Wirtschaftsinformatik in Potsdam. Zuvor haben sie sich bei ihrem dualen Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin kennengelernt.

Todayin: Der Markenname leitet sich von der Floskel „heute in…“ ab. So erfährt man, was es heute beispielsweise in Berlin Neues gibt. Die Hauptstadt gilt erst einmal als Pilotprojekt, doch die beiden Unternehmer hoffen darauf, ihr Konzept auf internationale Großstädte auszuweiten. Als Nachbarstadt soll aber auch Potsdam mit von der Partie sein.

Für Euch haben wir mit den beiden Potsdamer Studis über ihr Start-Up gesprochen. Wie wird man Gründer_in? Was erwartet Jungunternehmer_innen auf ihrem Weg? Und welche Schwierigkeiten sind zu bewältigen?

speakUP: Was ist „Todayin“?

Philipp: Todayin ist ziemlich viel und hat mehrere Seiten. Das ist eine Plattform für Berliner und für alle, die hier her kommen, und eine Bar suchen – und das nach gewissen Kriterien, nämlich nach Preis, Alter, Atmosphäre. So kannst du dir eine Bar suchen, die für dich perfekt ist. Also wenn du zum Beispiel dein Bier gern selber zapfen willst, dann wirst du garantiert auf Todayin eine Bar finden, wo du das kannst. Wir haben etwa 500 Bars auf der Seite und du bekommst die ersten zehn angezeigt, die am besten zu dir passen. Die Bars kann man sich dann einzeln im Profil ansehen, z.B. mit Getränkekarte, Fotos und Happy-Hour-Zeiten.

Eine neue Lieblingsbar finden

speakUP: Cooles Konzept. Aber wie kommt man auf so eine Idee?

Philipp: Wir haben festgestellt, dass es in Berlin gar keine Möglichkeit gibt, eine neue Bar zu entdecken. Wir gehen beide unheimlich gerne in Bars. Doch wenn man etwas Neues sucht, findet man die Bar, die die beste Suchmaschinenoptimierung hat oder die auf einer Top-100-Liste steht.

Oliver: Du als Gast kannst aber auch selbst Bars vorschlagen und selbst das Profil bestücken.

Phillipp: Hinter Todayin steckt eine Plattform, auf der Gastronomen Marketing betreiben können. Das heißt, auf der sie sich selbst bewerben können, um mehr Kunden zu bekommen. Wir verkaufen dann Tools wie „Stammkunden gewinnen“. Nach und nach übernehmen die Gastronomen dann ihr eigenes Profil, quasi wie Facebook. Für die Marktingleistung zahlt der Gastronom. Du hast eine Bar, die dir gefällt. Der Gastronom hat einen Gast. Und wir haben zwei Leute zusammengeführt, wofür wir einen geringen Betrag nehmen.

Komplett bei null angefangen

speakUP: Ein Konzept habt ihr also bereits – wie seid ihr dafür vorgegangen? Welche Vorarbeit muss ein_e Unternehmensgründer_in leisten, bis es an die aktive Umsetzung geht?

Phillipp: Gründung war für uns etwas komplett Neues. Wir hatten gerade unseren Bachelor in Wirtschaftsinformatik beendet und kannten uns seit dem ersten Semester.

Oliver: Seitdem haben wir auch alles  zusammen gemacht und jetzt kommen wir gar nicht mehr voneinander weg (lacht).

Phillipp: Wir haben dann Workshops mit Freunden durchgeführt – Wie sucht man nach Bars? Und was sucht man in Bars? –, sodass man eine Methodik finden konnte. So haben wir die Raster Preis, Publikum und Atmosphäre entdeckt. Zuerst haben wir angefangen zu klassifizieren. Da wir beide Wirtschaftsinformatiker sind, waren wir auch beide in der Lage die Plattform selbst zu bauen. Damit sind wir an den Potsdamer Lehrstuhl Innovationsmanagement und Entrepreneuership mit Schwerpunkt Unternehmensgründung gegangen. Dort hatten wir die Chance, das Konzept gemeinsam mit dem Lehrstuhl zu erweitern, Feedback zu bekommen und zusammen mit anderen Studenten zu arbeiten. Nachdem wir uns von dem Lehrstuhl gelöst hatten, haben wir einen Softwareentwickler eingestellt.

Wachstum mit der Zeit

speakUP: Also habt ihr schon viel Zeit und Arbeit investiert. Was sind jetzt Eure nächsten Schritte?

Phillipp: Zurzeit sind wir in der Appentwicklung. Bisher sind wir nur im Internet auf Todayin.de zu finden. Noch besser wäre eine Push-Nachricht, die wir dir auf‘s Handy schicken könnten. In Zukunft verändern wir das System. Man sucht nicht mehr nach den Kriterien, sondern nach Hashtags. Sodass es mehr eine Freitextsuche wird. Zum Beispiel suchst du #Cocktails, #Shisha #Pankow. Wir sind stets bestrebt, das Suchkonzept zu verbessern und zu clustern, wenn man eine Bartour mit Freunden machen will. Zuvor konnte man sich auf Kategorien festlegen. Zum Beispiel Hipster: In solchen Bars sind Fliesen an der Wand. Alternativ hingegen sind Kellerbars, keine Tapeten an der Wand, studentisch. Alternativ und Hipster ist immer etwas grenzwertig. Dazu haben wir einen Algorithmus generiert.

speakUP: Jede gute Idee braucht auch Kapital. Wie finanziert ihr Eurer Projekt?

Phillipp: Bisher haben wir uns mit Eigenkapital finanziert. Gerade sind wir auf der Suche nach Investoren. Das einzige Geld was Startups haben, sind ihre Anteile. Damit bezahlen wir unseren Techniker. So kann man auch jetzt welche beschäftigen.

speakUP: Wie macht ihr dafür auf Euch aufmerksam?

Phillipp: Gerade mit Marketingmaßnahmen: Flyer verteilen, Social Media. Es ist aber schwierig, am Anfang zu wachsen. Auch wenn wir uns daran gewöhnen, dass es langsam wächst und nicht gleich auf Facebook- oder Twitter-Niveau steigt.

Kritik aus eigenem Umfeld

speakUP: Aller Anfang ist schwer. Aber sicher macht euer Pilotprojekt auch Spaß. Ihr nutzt die Bars doch sicher selbst?

Phillipp: Wir kennen die meisten Bars auswendig. Wir lernen nach und nach alle kennen. Wenn Freunde mit uns weggehen, werden wir immer gefragt: Und wo gehen wir hin? Wir gehen wahnsinnig gerne in Bars.

Oliver: Jetzt auch mehr in neue Bars. Vorher hatten wir mehr Stammbars. Man entdeckt neue Locations.

Philipp: Man merkt auch, dass Berlin unsagbar groß und diversifiziert ist. Du gehst in irgendeinen neuen Bezirk und fühlst dich wie in einer anderen Stadt. Du merkst sofort, die Leute und die Atmosphäre sind anders. Es ist wahnsinnig spannend.

speakUP: Werdet ihr bei Eurem Projekt auch privat unterstützt – oder gab es schon Kritik? Schließlich ist selbstständig werden ein recht waghalsiger Schritt.

Phillipp: Wir haben sogar wahnsinnig viel auf Freunde gesetzt – mit ihnen haben wir an der Idee gearbeitet. Es ist sehr wertvoll, Feedback zu bekommen.

Oliver: Wenn man sagt: Ja das ist nicht so cool ­– das bringt uns weiter. Die Reaktion war meistens sehr aufgeschlossen und interessiert. Am liebsten habe ich das schlechteste Feedback überhaupt. Darauf basierend werden wir besser.

„Soviel habe ich im gesamten Studium nicht gelernt“

speakUP: Bleibt euch bei der ganzen Arbeit an Todayin noch Zeit für Freizeit und Leben?

Phillipp: Wir sind nebenbei noch beruflich tätig, man merkt aber eine ganz neue Motivation, wenn man etwas Eigenes macht. Anders als in der Uni oder als Werkstudent. Das ist eine ganz spannende Art der Motivation. Es ist das Erste, was du morgens denkst und das Letzte, was du abends denkst.

Oliver: Keine Ahnung, worüber wir vorher geredet haben. Jetzt geht es nur um neue Ideen.

speakUP: Worauf freut ihr Euch am meisten?

Philipp: Bewerbungen. Es war spannend, mit Mitte 20 Bewerbungsgespräche zu führen. Man lernt wahnsinnig viel dabei. Ich würde jedem dazu raten, wenn man eine gute Idee hat.

Oliver: Dazulernen. Soviel habe ich in meinem ganzen Studium nicht gelernt.

speakUP: Vielen Dank für das Gespräch und prost!

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