Grenoble grüßt – Folge 2: Auf der Suche nach Weihnachten

Die Vorweihnachtszeit in Grenoble. Was kann man hier im Dezember machen? Gibt es besondere Bräuche im Advent? Ich habe mich auf die Suche nach dem französischen Weihnachten begeben. Was werde ich finden? Von Damaris Reichert.

Dezember in Grenoble

Während die meisten meiner Freunde in Deutschland in Regen oder Schneematsch versinken, konnte ich im schon Ende November in die die Stadt umgebenden Berge fahren und den Schnee genießen. Ich bin in traumhaften Winterlandschaften wandern gegangen, habe Schneeballschlachten gemacht, einen Schneemann gebaut bin den Hügel runtergerollt. Das allerschönste dabei war, dieses Erlebnis mit internationalen Freunden zu teilen, die Schnee bisher noc h gar nicht kannten oder auf jeden Fall nicht in diesen Mengen.

Auch Schlittschuhlaufen (hier geht das bisher leider nur in einer Eishalle) war für einige meiner internationalen Freunde eine neue Erfahrung. Da diese relativ angstfrei waren, sind sie schon nach einiger Zeit besser als ich gefahren, obwohl ich doch jedes Jahr auf den Seen rund um Potsdam üben kann. Für ein paar Salsa Drehungen auf dem Eis mit einem kolumbianischen Freund hat es dann aber doch gereicht.
Mit einem Bus bin ich in mehrmals in die Alpen gefahren um Ski zu fahren. Da ich das hier das erste Mal gemacht habe, habe ich einen benoteten Skikurs gemacht. Leider konnte ich ihn nicht abschließen, da mein Wecker bei dem letzten Kurs versagt hat, aber Spaß gemacht hat es allemal und ein paar filmreife Stürze habe ich auch hingelegt.

Und die Weihnachtsgefühle?

Nun bedeutet Dezember für mich in Deutschland auch immer Plätzchen, Weihnachtsmusik, Kerzen, Apfel-Zimt-Tee, Spekulatius und Lebkuchen. Leider musste ich ziemlich früh feststellen, dass die Adventszeit hier eigentlich keine große Rolle spielt. Ich habe meiner französischen Freundin am dritten Dezember einen schönen ersten Advent gewünscht und ganz enthusiastisch gemeint, sie könne nun die erste Kerze anzünden. Daraufhin musste ich ihr erstmal ein Bild von einem Adventskranz zeigen und erklären, was ich gemeint habe. Und auch sonst galt die Regel: möchte ich Weihnachtsgefühle haben, muss ich mich selbst darum kümmern. Nur Weihnachtsmärkte gibt es hier auch. Mit bunten blinkenden Lichtern geschmückt, Musikern, die statt „Stiller Nacht, heiliger Nacht“ Hits aus dem Radio schmettern (und damit meine ich nicht Last Christmas) und doch auch ganz leckerem Glühwein.

Dennoch fing der Advent gut an. Pünktlich zum ersten Dezember wurden wir vom ersten Schnee in Grenoble überrascht und haben morgens vor der Uni mit den Bewohnern meines Studentenwohnheims eine Schneeballschlacht gemacht. Außerdem kam ein liebevoll gerichtetes weihnachtliches Päckchen von meiner Mutter an, das ich vom Empfang abholen musste und dabei gleich mal auf den Treppenstufen ausgerutscht bin. Ein perfekter Start in diese schöne Jahreszeit!
An einem Adventssonntag haben wir Glühwein, Punsch, Lebkuchen und Spekulatius (dank sei Lidl) bei uns in der Wohnheimküche getrunken und gegessen, an einem anderen habe ich mit Freunden aus Indonesien, Frankreich und Italien Plätzchen nach Rezept meiner Mutter gemacht und dabei „Oh Tannenbaum“ (O albero) auf Italienisch gelernt. Abends habe ich mit einem deutschen Freund und einem Freund aus Palästina mehrstimmig Weihnachtslieder gesungen. Wir sind hier also dennoch in sehr weihnachtlicher Stimmung. Aber eben nicht, weil es typisch französisch ist, sondern weil wir versucht haben, es uns so weihnachtlich wie möglich einzurichten.

Was macht man also in Frankreich im Dezember?

Eine Sache gibt es, die hier sehr verbreitet ist in der kalten Jahreszeit und die man als vorweihnachtlichen oder winterlichen Brauch ansehen könnte (Lebkuchen haben ja streng genommen auch nichts mit Weihnachten zu tun.) RACLETTE. Dezember und Raclette ist in Frankreich glaube ich nicht zu trennen. Begnügen wir uns in Deutschland meist damit, einmal im Jahr an Silvester den Raclettegrill aus dem letzten Eck im Keller hervorzuholen, ist das Raclettegerät hier in Grenoble ab November fast durchgängig am Laufen. Und falls man mal kein Raclette essen möchte, kann man ja immer noch Käsefondue machen. Herrlich! Dabei kommt der Käse sogar aus dem nahegelegenen Departement der Savoie.

Als ich meine Freundinnen bei einem Café gefragt habe, ob es denn wirklich nichts gibt, was sie in der Vorweihnachtszeit machen, fiel ihnen nur der Adventskalender ein – den es aber eigentlich nur für Kinder gibt- die Weihnachtsmärkte und natürlich die Dekoration im Haus. Außerdem gibt es laut ihnen viele Weihnachtsaufführungen, wie zum Beispiel der Auftritt meines Chores Mitte Dezember.

Auch wenn Frankreich meiner Meinung nach eher schlecht abschneidet, wenn es um die vorweihnachtlichen Bräuche geht, liegt es weit vorne, wenn ich den Beschreibungen des Weihnachtsessens meiner Freundinnen Glauben schenke.

Das Réveillon de Noël

In Frankreich gibt es am Weihnachtsvorabend ein Essen, das den ganzen Abend dauert. Angefangen bei dem Aperitif, der aus Amuse-bouches, kleinen Happen, die den Appetit anregen, Meeresfrüchten, wie zum Beispiel Austern, geräuchertem Lachs, Krabben, Garnelen und natürlich viel Wein oder auch Champagner besteht. Danach folgt ein Hauptgang mit Gänseleberpastete (Foie gras), Pilzen, Kartoffeln, Kastanien, Kaviar, Truthahn, Hähnchen, Schnecken.

Nach Apéritif und Hauptspeise gibt es dann endlich Geschenke für die Kinder, die früher immer der Weihnachtsmann brachte. Wer danach noch etwas Platz im Magen hat darf, noch Schokolade, eine Weihnachtscremerolle (Bûche de Noel), selbstgemachte verkleidete Früchte (fruits déguisées), das heißt getrocknete Früchte, die mit Marzipan gefüllt sind oder Schokoladentrüffel essen.
Die Beschreibung meines Essens fiel dagegen eher kurz aus. Mittags gibt es Plätzchen und Kaffee und Tee, abends essen wir Wiener Würstchen mit vielen verschiedenen Salaten und später gibt es noch einen Nachtisch und natürlich immer wieder ganz viele Mandarinen zwischendurch.

Der Schnee hat mich schon früh in eine weihnachtliche Stimmung versetzt, genauso wie die gemütlichen Raclette Abende sehr gut in die kalte Jahreszeit gepasst haben. In Kombination mit deutschen Plätzchen, Weihnachtsliedern, Punsch und Lebkuchen war dies ein wirklich außergewöhnlicher Dezember für mich.

 

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