Abschied auf Raten – Mathiopoulos darf (noch) lehren

Für eine gute wissenschaftliche Reputation gilt der Doktorgrad in der Regel als Grundvoraussetzung. Nicht zuletzt das Internet sorgt jetzt dafür, dass manche, die dafür wissenschaftliche Standards verletzt haben, von ihren früheren Fehlern eingeholt werden. Vom jüngsten Fall berichtet Paul Köppen.

Die Welle von Plagiatsaffären, die im Februar 2011 mit dem Fall Guttenberg begann, hat in den letzten Monaten auch die Universität Potsdam erreicht. Nachdem eine entsprechende Untersuchungskommission Ende letzten Jahres den niedersächsischen Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) noch von der Täuschungsabsicht freisprach und lediglich wissenschaftliche „Mängel von erheblichem Gewicht“ feststellte, bat der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus Florian Graf im April die Uni um den Entzug seiner Doktorwürde. Er hatte sich „aus Respekt gegenüber der wissenschaftlichen Leistung aller anderen Promovierten“ öffentlich zu den Fehlern in seiner Arbeit bekannt.

Ein solches Eingeständnis würde auch in der Causa Mathiopoulos Klarheit schaffen – dass es dazu kommt, ist jedoch nahezu ausgeschlossen. Margarita Mathiopoulos hatte bereits in den 80er Jahren in Bonn beim renommierten Politikwissenschaftler und Zeithistoriker Karl Dietrich Bracher promoviert. Die Uni Bonn sah es jetzt nicht zuletzt wegen der umfänglichen Recherchen der Plagiatsjäger von VroniPlag als erwiesen an, dass dabei vorsätzlich getäuscht worden ist. Die zuständige Kommission machte in ihrer Untersuchung nach eigenen Angaben über 320 Stellen ausfindig, „in denen die Originalquelle systematisch nicht ordnungsgemäß zitiert wurde.“ Auf den Entzug ihres Doktorgrades reagierte Mathiopoulos jedoch nicht mit einem Eingeständnis, sondern mit juristischen Mitteln: In einer Presseerklärung ihres Rechtsbeistandes hieß es, die Entscheidung sei „Ergebnis eines unfairen und von blindem Eifer geprägten Verfahrens“. Der ganze Vorgang sei zudem „unanständig“. Insofern würde man neben der Klage gegen den Beschluss auch erwägen, die Mitglieder des Fakultätsrates und des Promotionsausschusses persönlich haftbar zu machen „wegen massiver Schädigung“ der wissenschaftlichen Reputation Mathiopoulos‘.

Die Vermutung liegt nahe, dass vor diesem Hintergrund der Philosophische Fakultätsrat der Potsdamer Uni, der Mathiopoulos 2002 zur Honorarprofessorin am Historischen Institut ernannt hatte, zunächst vorsichtiger auf die Bonner Entscheidung reagiert hat. Am 9. Mai fasste man den Beschluss, dem Uni-Präsidenten den Entzug der Honorarprofessur für den Fall vorzuschlagen, dass die Aberkennung des Doktortitels rechtskräftig würde. Erst wenn also weitere juristische Instanzen bestätigen, dass bei der Promotion wirklich betrogen worden ist, wird Mathiopoulos ihren Potsdamer Titel verlieren. Das freilich kann Monate, schlimmstenfalls sogar Jahre dauern.

Eine solche Vorgehensweise ist zum Teil heftig kritisiert worden, in der Hamburger ZEIT war sogar von Scheinheiligkeit die Rede. Die Uni selbst reagierte auf derlei Reaktionen mit dem Hinweis, es gebe keine rechtliche Grundlage für einen Entzug der Honorarprofessur, solange das Bonner Widerspruchsverfahren nicht abgeschlossen ist. Offenbar lässt man sich in dieser Argumentation von dem Gedanken leiten, Mathiopoulos könne auch die Uni Potsdam verklagen – oder wegen einer Rufschädigung eben auch einzelne Personen in den zuständigen Gremien. Insofern erscheint die Behutsamkeit der Potsdamer – im Übrigen eine Kopie der Verfahrensweise der TU Braunschweig, die im selben Fall vor Tagen genauso entschieden hat – nachvollziehbar. Vorerst, heißt es seitens der Uni, wird Mathiopoulos ihren Lehrverpflichtungen weiter nachkommen. Das Gute ist, dass ja niemand Studierende zwingen kann, daran auch teilzunehmen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert